Ungefähr 30 Menschen kamen an diesem Sonntagnachmittag zusammen, um sich gemeinsam mit Timon und Charlotte von Rise Up for Justice auf den Spuren von Else Gores und Moritz Sommer durch Oberbilk zu begeben.
Oberbilk war lange Zeit geprägt durch die Stahlindustrie und die einfachen Lebensverhältnisse, in denen die Bewohner*innen dort leben mussten. Viele Arbeiter*innen waren in der Kommunistischen Partei organisiert, die dort eine ihrer Hochburgen in Düsseldorf hatte. So musste der Stadtteil und die Menschen dort in besonderem Maße unter den Verfolgungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft leiden. Einige Stolpersteine erinnern heute noch an ihr Schicksal.
Zwei Menschen, die in den letzten Kriegstagen, kurz vor der Befreiung Düsseldorfs, noch ermordet wurden, standen mit ihren Lebensgeschichten im Mittelpunkt des Rundgangs.
Moritz Sommer war ein allseits beliebter, hilfsbereiter älterer Mann, der als gelernter Klempner den Menschen im Stadtteil überall zur Hand ging, wo handwerkliche Hilfe benötigt wurde. Als sogenannter "Halbjude" passte er aber nicht in die Rassenideologie der Nazis, immer wieder drohte ihm die Gefangennahme und Deportation. Lange Zeit konnte Heinrich Rondi, Weltmeister im Ringen und Gewichtheben, in dessen Haus er wohnte, beschützen. Tauchten wieder mal Streifen der SA oder anderer Truppen auf, so stellte "Herkules" Rondi sich mit seinen drei Zentnern ihnen in den Weg, und half auch das nichts, so gab er Klingelzeichen, damit Moritz Sommer übers Dach ins Nachbarhaus fliehen konnte. Kurz vor dem Kriegsende in Düsseldorf jedoch, Moritz Sommer musste sich mittlerweile in Kleingärten verstecken, da ein Aufenthalt im Haus für ihn zu gefährlich wurde, griff eine Heeresstreife ihn auf, folterte ihn und hängte ihn öffentlich auf dem Oberbilker Markt auf.
Else Gores half, nachdem sie zunächst einen desertierten Cousin versteckte, auch anderen Deserteuren in den letzten Kriegswochen und organisierte Verstecke für sie. Dies rückte sie in den Fokus der Heeresstreifen, die überall nach Deserteuren fahndeten. Eine Heeresstreife - übrigens die gleiche, die auch Moritz Sommer ermordete - griff sie auf und verschleppte sie an den Eller Forst, wo sie sie mit einem Genickschuss hinrichteten. Auf wundersame Weise überlebte sie jedoch den Genickschuss schwer verletzt und wurde von Helfer*innen in die Gaststätte Waldschänke gebracht. Bevor sie jedoch in ein Krankenhaus gebracht werden konnte, wurde sie anscheinend erneut von der Heeresstreife gefunden - ab da verliert sich jede Spur von ihr.
Die Mörder von Else Gores und Moritz Sommer kamen übrigens, nachdem sie ursprünglich zum Tode verurteilt wurden, mit einer relativ geringen Gefängnisstrafe davon - die Todesstrafe war in der gerade gegründeten Bundesrepublik abgeschafft, bevor sie an ihnen vollstreckt werden konnte, und so wurde der Prozess neu aufgerollt.
Ein äußerst interessanter und bewegender Rundgang also, zu dem neben Timon und Charlotte auch einige der Teilnehmer*innen beigetragen haben, die aus ihrer eigenen lokalen Geschichtskenntnis ebenfalls spannende Fakten und Geschichten beitragen konnten. Alt und jung haben so gemeinsam ein beeindruckendes Beispiel antifaschistischer Bildungsarbeit gegeben, dafür allen Beteiligten herzlichen Dank.