Totholz ist alles andere als tot - diese Erkenntnis konnten die Besucherinnen und Besucher an diesem Freitagabend im Naturfreundehaus Gerresheim gewinnen. Zu Gast war die Naturfotografin und Buchautorin Farina Graßmann, die uns im Rahmen des von der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW geförderten Projekts "LebensRäume - Ökosysteme verstehen und schützen" der NaturFreunde NRW dieses spannende Thema näher brachte.
Begonnen hat Farina Graßmann ihren Vortrag mit dem Buchdrucker oder Borkenkäfer - dem "Freund des Waldes", wie sie ihn bezeichnet. Zeigt er doch auf, welche Konsequenzen naturferne Waldwirtschaft mit Fichtenmonokulturen letztendlich hat, und bietet er die Möglichkeit, dringend notwendigen Wandel im Waldbau voranzubringen. Dass dies gelingen kann, zeigt Farina am Beispiel des Nationalparks Bayerischer Wald auf: vor dreißig bis vierzig Jahren noch geprägt durch tote, von Borkenkäfern zerfressene Fichtenstämme, so hat sich durch Naturverjüngung dort mittlerweile ein wertvoller, dem Standort angepasster Wald entwickelt. Wichtig dabei war, dass das Totholz mitsamt den Borkenkäfern im Wald verblieb - nur so kann sich ein natürliches Gleichgewicht zwischen den Borkenkäfern und ihren Fressfeinden bilden - bei einem Kahlschlag und einer Entnahme des Totholzes und der Borkenkäfer würden auch die Fressfeinde verschwinden.
Auch aus anderen Gründen ist die großflächige Entnahme von Totholz problematisch: ungehinderte Sonneneinstrahlung mit Licht und Wärme beschleunigt die Zersetzungsprozesse im Boden, wodurch viel CO2 freigesetzt wird - in Zeiten des Klimawandels ein absolut unerwünschter Effekt. Totholz speichert darüber hinaus auch Wasser und gibt Nährstoffe für die nachwachsenden Pflanzen ab, so dass diese bessere Wuchsbedingungen haben.
Und Totholz ist ein Lebensraum für viele Tierarten, von der Rötelmaus über den Bunt- und Schwarzspecht bis zum Waldkauz nutzen viele Tiere die Höhlen im Holz als Unterschlupf und ernähren sich von den Insekten und anderen Lebewesen, die im Totholz vorkommen. Hirschkäfer und Balkenschröter gehören zu den größten Käferarten Mitteleuropas und zerkleinern das tote Holz, so dass andere Tiere es ihrerseits besser aufnehmen können.
Der größte "Produzent" von Totholz im Tierreich Mitteleuropas ist jedoch zweifellos der Biber: um an die frischen Zweige und Blätter der Bäume zu kommen, fällt er diese und nutzt die gefällten Bäume auch zur Wasserregulierung. Aber auch Pilze wie der Zunderschwamm können geschwächte Bäume zum Abbrechen bringen, indem sie den Stamm ganz durchdringen und so eine Sollbruchstelle im Stamm schaffen, die dann beim nächsten Sturm durchbricht.
All diese interessanten Informationen bot Farina Graßmann lebendig erzählt dar und untermalte sie mit ihren tollen Bildern, schönen Nahaufnahmen von den Tieren, die im Totholz leben und ästhetischen Anblicken in Wäldern.
Aber wir wollten es ja nicht bei tollen Bildern und der Theorie belassen, sondern wir wollen auch selbst etwas am Naturfreundehaus tun, um noch mehr Totholzlebensraum dort zu schaffen. Von den Vorschlägen, die Farina uns aufzeigte, einigten wir uns relativ schnell auf eine Totholzhecke, bzw. - wenn neue Pflanzen sich darin ansiedeln - eine Benjeshecke. So wollen wir den Astschnitt, der bei uns auf dem Gelände immer anfällt, an einer Stelle aufstapeln, unterstützt von eingeschlagenen Pfosten, die diese Konstruktion stabil halten. In den Zwischenräumen zwischen den Ästen können dann Säugetiere wie Igel, aber auch viele Vogelarten wie Zaunkönig oder Heckenbraunelle einen Lebensraum finden, aber auch Amphibien oder Insekten fühlen sich darin wohl. Nun müssen wir nur noch einen Termin finden, an dem wir mit dem Bau beginnen - die Hecke wird dann im Laufe der Zeit immer weiter anwachsen, wenn neue Äste dazukommen.