Für eine Welt, in der viele Welten Platz haben - Dieser Wahlspruch steht im mexikanischen Bundesstaat Chiapas und an vielen anderen Orten an Hauswänden und auf Plakaten. Es ist das Motto der EZLN (Ejército Zapatista de la Liberación Nacional), auch „Zapatistas“ genannt, die vor 30 Jahren mit ihrem Aufstand in Chiapas die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf sich zogen.
Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und dem scheinbaren Siegeszug des Neoliberalismus tauchte am 1. Januar 1994, aus dem lakandonischen Urwald im nominell sozialistischen Mexiko eine ganz neue Utopie auf. Postmodern, basisdemokratisch, profeministisch und ökologisch bewusst wandten sich die Zapatistas in ihren Kommuniqués über das gerade erst an Fahrt gewinnende Internet an die ganze Welt.
Mit ihrem Aufruf „ein kollektives Netzwerk all unserer Teilkämpfe und Widerständigkeiten zu schaffen, das Unterschiedlichkeiten respektiert und Ähnlichkeiten anerkennt“ und so die Welt neu zu erschaffen, fanden die Zapatistas weltweit Widerhall bei neueren Bewegungen. Sie waren radikal und gleichzeitig auf Gewaltvermeidung bedacht.
Die Zapatistas gibt es immer noch. Sie haben viel zur Demokratisierung Mexikos beigetragen, auch wenn indigene Rechte immer noch nicht in die mexikanische Verfassung eingeschrieben wurden und Paramilitärs im Süden Mexikos die gewachsenen basisdemokratischen Strukturen massiv bedrohen.
Die Zapatistas rufen seit 30 Jahren die ganze Welt zum gemeinsamen Einsatz gegen Neoliberalismus und Ungerechtigkeit auf. 2023 sprachen sie ihre Solidarität mit den Protesten gegen den Abriss Lützeraths im rheinischen Braunkohlegebiet aus.
Wir können als Naturfreund*innen viel von ihnen lernen: Darüber, dass echte Veränderung manchmal Jahrzehnte braucht und in Bewegungen viel Geduld und gegenseitiges Verständnis nötig ist; dass internationale Solidarität ebenso wichtig ist, wie lokales und regionales Handeln; und dass wir uns in einer sich ständig wandelnden Welt immer wieder neu erfinden müssen.
„Ya basta!“ – Es reicht. Auch das ein Wahlspruch der Zapatistas, der für uns gelten kann: Es reicht uns mit der ständig drohenden rechten Gewalt und der wachsenden Armut in diesem reichen Land. Es reicht uns mit der Untätigkeit gegen Klimawandel und Artensterben. Wir schicken einen solidarischen Gruß in den lakandonischen Urwald und ziehen Kraft aus der Unbeugsamkeit der Zapatistas für unseren eigenen Einsatz – für eine Welt, in der viele Welten Platz haben.