Wir erleben derzeit die größte Protestbewegung in Deutschland seit der Wiedervereinigung 1990. Der Grund: Menschen engagieren sich für unsere Demokratie und gegen Rechts, insbesondere gegen die AfD. In unzähligen Städten Deutschlands wird seit Wochen demonstriert und auch in Nordrhein-Westfalen ist der Protest laut und stark. Allein in Düsseldorf versammelten sich Ende Januar über 100.000 Menschen. Unsere Ortsgruppen und Mitglieder beteiligen sich an diesen Aktionen, denn was wir wahrnehmen, ist eine Erleichterung in unserer Mitgliedschaft, dass endlich auch die sogenannte bürgerliche Mitte, die sich selbst jahrelang als schweigende Mehrheit bezeichnete, laut wird gegen die Menschenfeind*innen im Land. In einer Zeit, in der die Welt brennt und ehrenamtliches Engagement in Strukturen und Kürzungen für politische Bildung erstickt, wird ein Zeichen gesetzt, das vor allem Solidarität mit den Betroffenen zeigt, aber auch deutlich macht, dass der Umgang mit der Zivilgesellschaft, die unser Anker ist, um von Rassismus Betroffenen Schutz zu bieten und das Versagen der Politik aufzufangen, fahrlässig ist und zu echten Gefahren führt – politisch, wie auch lebensbedrohlich.
Kaum haben die Proteste begonnen, gibt es schon die ersten Verschwörungsgeschichten. Die Proteste seien von der amtierenden Regierung inszeniert, um die Opposition mundtot zu machen. Diese Erzählungen nehmen die AfD in Schutz und machen damit aus Täter*innen Opfer. Immer wieder wird darauf angespielt, dass ein Parteiverbot undemokratisch sei, da die AfD von einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung gewählt wurde. Dabei wird aber völlig außer Acht gelassen, dass auch die NSDAP von der Bevölkerung gewählt wurde und es deshalb den Artikel 21 des Grundgesetzes gibt: denn nur weil Menschen- und Verfassungsfeind*innen demokratisch gewählt wurden, heißt das nicht, dass dies nicht verboten gehört, da es mit den Werten des Grundgesetzes nicht vereinbar ist. Und eines sollte allen klar sein: Die Proteste richten sich zwar vor allem gegen die rechtsextreme AfD und ihre Faschist*innen, aber auch die konservative Opposition, die mit ihrem Verhalten und ihren Diskussionen rechte Narrative zur neuen Norm erhebt, sowie die Asylpolitik der Bundesregierung sind Gründe für die Proteste. Und die demokratischen Partein müssen auch Lehren daraus ziehen, sich inhaltlich oder aus wahlstrategischen Gründen an Rechte anzunähern hat retrospektiv betrachtet noch nie dazu geführt sich vor Rechtsextremist*innen zu schützen oder sie auszubooten. Ganz im Gegenteil!
Es gilt, wehrhaft zu sein. Die Solidarität mit den Opfern von Antisemitismus, Rassismus und anderer gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit muss dabei immer die treibende Kraft sein. Aber auch die Gefahr, in einer diktatorischeren, noch weitaus kapitalistischeren Welt leben zu müssen, sollte ein Grund sein, auf die Straße zu gehen. Und sich zu wehren, das gilt für alle: Die Vertreter*innen der rechtsextremen und rechtskonservativen Parteien müssen ihre Verfassungsfeindlichkeit nicht in Talkshows äußern dürfen, man muss ihnen keine Räumlichkeiten vermieten oder ihnen Gehör verschaffen. Es ist durchaus legitim Demokratiefeind*innen Steine in den Weg zu legen und es ihnen nicht so leicht zu machen wie bisher. Ihren Menschenfeindlichkeiten muss kein Gehör geschaffen werden und selbst wenn am Ende Gerichte entscheiden sollten, dass man sie doch hätte einladen oder tagen lassen müssen, so hat man sich wenigstens widersetzt. Denn eins muss uns allen bewusst sein, der gesellschaftliche Schaden der bereits angerichtet wurde wird uns jetzt schon Jahrzehnte kosten ihn aufzuarbeiten. Es reicht!