Am 19.02. diesen Jahres waren wir mit weiteren Landesverbänden der NaturFreunde als Gäst*innen zum parlamentarischen Abend der Koordinierenden Träger*innen-Verbände im Bundesprogramm Zusammenhalt durch Teilhabe geladen. Seit Ende 2017 werden wir mit unserem Projekt „Stärkenberatung“ durch das Bundesprogramm gefördert. Der Abend stand ganz unter dem Motto „Vereint in polarisierten Zeiten!“. Im Austausch für das Erreichen einer wehrhaften Demokratie in ländlichen Räumen tauschten sich die beteiligten Organisationen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser aus. Der Abend war geprägt von klaren Statements und runden Tischen an denen wir mit über 30 Bundestagsabgeordneten diskutierten.
Die Statements der Träger*innen-Verbände des Abends:
- Wie wirkt niedrigschwellige Demokratiebildung im ländlichen Raum? – NaturFreunde Deutschlands
- Demokratievertrauen stärken und erlebbar machen – Wie kann das gelingen? – AWO Bundesverband
- Wie lässt sich demokratische Teilhabe marginalisierter Gruppen stärken? – Diakonie Deutschland
- Wie gelingt Konfliktmanagement und Extremismusprävention in der Feuerwehr? – Deutscher Feuerwehrverband
- Spielen helfen lernen – Wie geht Demokratielernen in der THW-Jugend? – THW-Jugend e.V.
- Die Werte des Sports – Ein „natürlicher Schutz“ gegen Rechtsextremismus? – Deutscher Sportbund
Nancy Faeser, Bundesministerin des Innern und für Heimat stellte klar, dass Programme zur Demokratieförderung und gesellschaftlichen Zusammenhalt auch in Zukunft fortgeschrieben werden müssen und nach ihrem Ersinnen auch ausgeweitet.
„Gerade dort, wo gesellschaftliches Engagement es schwer hat, braucht es starke Partner*innen, die für die Werte unseres Gemeinwesens einstehen. (...) Mit Ihrer Arbeit sorgen Sie dafür, dass es diese Partner*innen überall in unserem Land gibt! Indem Sie eine Richtung vorgeben und vernetzen, indem Sie Entwicklungen anstoßen und unterstützen, indem Sie informieren und qualifizieren, sensibilisieren und motivieren. Partner*innen, die als Leuchttürme vor Ort sichtbar machen, wie Demokratie konkret vermittelt und gelebt werden kann! (...) Es zeigt auch, wie wichtig Programme wie Zusammenhalt durch Teilhabe sind – und die Menschen, die diese Programme mit ihrem Engagement tragen...Unsere Demokratie steht unter Druck. Und das vor allem dort, wo gesellschaftliche Umbrüche die Menschen verunsichern. So wie in vielen ländlichen und strukturschwachen Räumen. (...) Wir brauchen überall in Deutschland überzeugte Demokratinnen und Demokraten! Und deshalb ist der Beitrag so wichtig, den Ihre Verbände im Rahmen von Zusammenhalt durch Teilhabe leisten – mit den von Ihnen ausgebildeten Demokratieberaterinnen und -beratern. Sie beziehen klar Position gegen Rechtsextremismus und Verschwörungsideologien. Sie setzen Beispiele, die Schule machen...Die Menschen, die sich auf diesem wichtigen Feld engagieren, brauchen für ihre Arbeit Planungssicherheit! Deshalb ist es aus meiner Sicht unabdingbar, dass das Demokratiefördergesetz endlich auch im Deutschen Bundestag beschlossen wird!“
Thomas Krüger, Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung machte deutlich:
„Zusammenhalt durch Teilhabe ist ein Programm, welches mit beiden Beinen auf dem Boden steht…Es braucht verlässliche, langfristige staatliche Unterstützung. Förderprogramme sowohl auf Landes- wie auch auf Bundesebene müssen abgesichert und gut ausgestattet werden. Förderung von ehrenamtlichem Engagement braucht nachhaltige Strukturen.“
Durch das Förderprogramm Zusammenhalt durch Teilhabe wurden seit 2010 über 1200 Demokratieberater*innen als Multiplikator*innen in Verbänden im gesamten Bundesgebiet ausgebildet. Sie organisieren bspw. Begegnungstreffs, Bildungsangebote, Kino-Abende oder Diskussionsrunden, schreiten ein bei menschenverachtenden Äußerungen und beraten Kolleg*innen und Ehrenamtliche im Umgang mit rechtsextremen, rassistischen, antisemitischen, antiziganistischen oder anderen menschenfeindlichen Vorfällen. Auch bei uns in NRW sind diese über 50 Berater*innen aktiv und werden durch ein hauptamtliches Team und eine Fachgruppe koordiniert und unterstützt.
Die Kernpunkte der sechs koordinierenden Verbände des Bundesprogramms, du denen auch wir NaturFreunde zählen, zur Absicherung des Engagements im Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ sind daher:
- Angesichts der aktuellen Prognosen für die EU-, Landtags- und Kommunalwahlen 2024 braucht es dringend die rechtliche und finanzielle Sicherung von zivilgesellschaftlichem, demokratiestärkendem Engagement, gerade auch auf Bundesebene. Das geplante Demokratiefördergesetz ist eine wichtige Voraussetzung und muss durch passende und bekräftigende Förderrichtlinien unterstützt werden.
- Gerade in ländlichen und strukturschwachen Regionen gilt es, unbürokratische, niedrigschwellige und nachhaltige Fördermöglichkeiten der Demokratiestärkung zu etablieren. Vereine und Verbände, die in diesen Regionen aktiv sind, haben oft Zugang zu unterschiedlichen Zielgruppen, die über klassische Angebote der politischen Bildung häufig nicht gut erreicht werden. Das Bundesprogramm „Zusammenhalt durch Teilhabe“ bietet hier gelungene Ansätze, muss aber finanziell besser ausgestattet werden, um auf die gewachsenen Herausforderungen reagieren und weitere Maßnahmen fördern zu können.
- Die Demokratie-Berater*innen bringen eine enorme Diversität an Lebensrealitäten und Kontaktmöglichkeiten zu Menschen mit. Durch ihre Kompetenzen im Bereich des Konfliktmanagements, der Antidiskriminierung und Sensibilisierung für Demokratiegefährdung bewirken sie, dass Vereine und Verbände als Orte gelebter Demokratie an Attraktivität gewinnen und sind ein wichtiger Baustein der Rechtsextremismusprävention. Dafür braucht es eine gute Begleitung durch hauptamtliche Strukturen. Die Förderrichtlinien des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ müssen so ausgestaltet sein, dass auch marginalisierte Gruppen erreicht werden. Dafür braucht es verlässliche Strukturen, die eine langfristige Vernetzung etwa mit Migrant*innenselbstorganisationen ermöglichen.
- Das hauptamtliche Fundament für demokratiestärkendes Engagement ist unabdingbar. Sie organisieren die Rahmenbedingungen, um die Arbeit der Demokratieberater*innen vor Ort möglich zu machen. Diese Unterstützung ist auch deshalb entscheidend, da die Sicherheit, die rechtliche Handlungssicherheit und der persönliche Schutz von Engagierten in ländlichen Regionen eine besondere Rolle spielen. Engagierte sind hier aufgrund der geringeren Anonymität sichtbarer und vulnerabler. Nur mit der stetigen, hauptamtlichen Unterstützung kann gewährleistet werden, dass Demokratiearbeit wirken kann.
- Demokratiestärkung muss als Organisationsentwicklungsprozess verstanden und gefördert werden. Eine demokratisierende Verbandsentwicklung wird nicht nur durch Coaching und veränderte Ausbildungslehrgänge erreicht, sondern auch durch Werte-, Leitbild- und Strukturveränderungsprozesse. Die innerverbandlichen Demokratisierungsprozesse können das Vertrauen in demokratische Organisationen und Institutionen stärken.
Eine Brandmauer ohne Verbände ist nicht erreichbar, denn allen sollte klar sein: „Wir sind die Brandmauer!“
Rüdiger Sagel, Vorstand NaturFreunde NRW