


Wie kann es gelingen, einen Fluss wie die Emscher, die begradigt und befestigt über Jahrzehnte als Abwasserkanal für das Ruhrgebiet diente, wieder in einen naturnahen Lebensraum zu verwandeln? Dieser Frage gingen wir am Samstag, dem 13.08.2022, zusammen mit 23 Teilnehmenden nach. Die ausgebuchte Multiplikator*innenschulung „Natürliche Flussläufe wiederherstellen – der Umbau der Emscher“ fand in Kooperation mit der Emschergenossenschaft im Café Hof Emschermündung in Dinslaken statt.
Wir starteten mit einer Exkursion zur Baustelle der neuen Emschermündung in den Rhein. Die Baustelle selbst darf nicht betreten werden, aber auch von außen gab es gute Einblicke. Dr. Mario Sommerhäuser, Abteilungsleiter „Fluss und Landschaft", berichtete, dass sie noch in diesem Jahr fertiggestellt wird. Die Emscher wird sich hier in drei Arme aufteilen und in einem breiten Bett frei mäandrieren bevor sie in den Rhein fließt. Da von Natur aus viel Saatgut im Boden ist, z. B. von Weiden und Erlen, begrünt sich das Gebiet dann von selbst. Schon bald werden verschiedene Tierarten, wie der Kiebitz, folgen. Die Fläche dient zugleich dem Katastrophenschutz. Bei Hochwasser wird sich Wasser aus dem Rhein hier ausbreiten.
Am Nachmittag ging es mit einem spannenden Theorieteil weiter. Wegen der Hitze verlagerten wir den Vortrag spontan aus dem kleinen Seminarraum nach draußen unter den schattenspendenden Walnussbaum im Hof des Cafés. Wir erfuhren, dass der frühere Ausbau der Emscher für die Gesundheitsvorsorge notwendig war. In den Wasserflächen, die durch die Bergsenkungen entstanden waren, sammelte sich das ungereinigte Abwasser. Cholera und Typhus breiteten sich aus. Das Abwasser musste schnell und effektiv abgeführt werden und die Emscher wurde zur „Köttelbecke“ ausgebaut. Voraussetzung für die jetzige Renaturierung war deshalb der Bau unterirdischer Kanäle, die die Abwässer aufnehmen und den großen Kläranlagen zuführen. Heute wird das Wasser erst nach der Klärung in die Emscher eingeleitet. Das künstliche Flussbett aus Beton kann zurückgebaut werden und der Lauf naturnaher gestaltet werden. Wegen der dichten Bebauung im Ruhrgebiet ist es nicht möglich entlang des gesamten Laufs eine breite natürliche Aue herzustellen. Aber es gibt einige größere, naturnah gestaltete Bereiche, die als „Trittsteine“ für Tier- und Pflanzenarten dienen können - einer davon wird die neue Emschermündung sein. Der Umbau der Emscher ist übrigens eines der größten Infrastruktur-Projekte Europas. In 30 Jahren wurden rund 5,5 Milliarden Euro investiert.
Herzlichen Dank an Dr. Mario Sommerhäuser für die spannenden Einblicke in seine Arbeit, an alle Teilnehmenden für das Interesse und an das Team vom Café Hof Emschermündung für die Gastfreundschaft und die Bewirtung. Wegen der großen Nachfrage denken wir bereits über eine Folgeveranstaltung nach …